Funkamateur 02/86

 

Ein einfacher Funkfernschreibzusatz für den Amateurcomputer "AC1"

G. RÖSSEL - Y2-EA-15587/N59

Außer dem Sprechfunk und der klassischen Telegrafie erfreut sich auch unter unseren Funkamateuren in zunehmendem Maße die Sendeart RTTY (radio teletype) größeren Interesses. Durch die Nutzung eines Mikrocomputers ist der zusätzliche Hardware-Aufwand bis auf ein Minimum gesunken. Mit dem Amateurcomputer "AC1" steht uns eine leistungsfähige Gerätetechnik zur Verfügung, mit der im Gegensatz zum üblichen mechanischen "Rattermonster" ein "leiser", und damit im Wohnbereich möglicher Funkfernschreibbetrieb durchführbar ist.
Für den Mikrocomputer benötigt man Schaltungszusätze zum Hin- und Rückwandeln der NF-Töne in Digitalsignale. Mit der im folgenden beschriebenen Schaltung lassen sich erste RTTY-Betriebserfahrungen sammeln. In Zusammenschaltung mit einem Transceiver ist ein sogenannter "Space-Only-Betrieb" möglich.

Schaltungsbeschreibung

Der RTTY-Koder/Dekoder enthält die Funktionseinheiten PLL-Empfangsdekoder sowie AFSK-Generator. Die Schaltung ist eine Weiterentwicklung des in [1] vorgestellten Telegrafie-Filters mit PLL-Demodulator. Das Herzstück bildet die IS A 290 D. Für unsere Zwecke wird der aus der Heimelektronik bekannte Stereodekoderschaltkreis beim Empfang als PLL-Tondekoder, beim Senden in Verbindung mit dem CMOS-Schaltkreis V 40098 D als AFSK-Generator genutzt. Eine ausführliche Beschreibung der Schaltkreise findet man in den angegebenen Literaturquellen.
Signalweg beim Empfang:
Das NF-Signal gelangt vom Empfängerausgang über P1 an den Eingang der IS A 290 D (Pin 2). Vom Ausgang des NF-Vorverstärkers (Pin 3) wird die NF über C6 und C5 auf den Eingang der Phasenregelschleife (Pin 11) gelegt. Mit der RC-Beschaltung R1/RP2/C2 an Pin 14 ist die Selektivfrequenz einzustellen.
Ist die VCO-Frequenz auf die eingestellte Empfangsfrequenz "eingerastet", schaltet Pin 6 auf L-Signal. Das Schaltsignal wird von der LED VD1 angezeigt und gelangt gleichzeitig über den PIO-Port PB1 zur Auswertung in den "AC1".
Signalweg beim Senden:
Beim Senden wird zunächst zur IS A 290 D der zweite Schaltkreis V 40098 D aktiviert. Dieser Schaltkreis enthält sechs invertierende Treiber mit Tristate-Ausgängen. Die Tristate-Steuereingänge /CE2 und /CE4 dienen zur Realisierung der Schaltfunktionen. Vom "AC1" wird beim Senden PB3 aktiv. Vier Treiberstufen werden durchgesteuert. Die Ausgänge 3 und 5 schalten das Relais für "Sender EIN". Beide Umschaltkontakte stehen frei zur Verfügung. An Stelle des Relais kann auch ein Schalttransistor eingesetzt werden.
Der Ausgang 7 schaltet ebenfalls auf L und sperrt damit den Eingang der Phasenregelschleife der IS A 290 D für das NF-Signal. Ein beim Sendebetrieb vorliegendes NF-Frequenzspektrum würde sonst eine unsaubere Tonfrequenz erzeugen. Am Meßpunkt Pin 10 der IS A 290 D wird die eingestellte Selektivfrequenz ausgekoppelt. Über den Ausgang 9 des Inverters erhält man die verstärkte Tonfrequenz. Der anschließende Tiefpaß "verschleift" die Kurvenform des Rechtecksignals. Der nachfolgende Einstellregler P4 dient zur Anpassung des NF-Signals, das dem Mikrofoneingang des Senders zugeführt wird. Die Umtastung der Tonfrequenz von "Mark" und "Space" erfolgt durch entsprechende Signale vom "AC1" über PB2. Ein L-Signal an /CE2 schaltet beide Inverter durch, so daß an Pin 11 der hochohmige Tristate-Zustand aufgehoben und die RC-Kombination P3/C3 zusätzlich an Pin 14 der IS A 290 D geschaltet wird.
Vom V 40098 D würde hier ein Inverter genügen, da der Hersteller aber vorschreibt, daß alle unbenutzten Ein- und Ausgänge mit UDD oder USS verbunden sein müssen, werden zweckmäßig beide Inverter in Reihe geschaltet.
Shift und Seitenbandlage:
Die Differenz zwischen "Mark" und "Space" bezeichnet man als "Shift". Auf Kurzwelle wird meist eine Shift von 170 Hz benutzt, auf UKW eine Shift von 850 Hz. Dabei spielt es keine Rolle, welche Frequenzen gewählt werden, nur die Shift ist maßgebend. Nach der IARU-Empfehlung ergeben sich folgende Frequenzen:

  170-Hz-Shift 850-Hz-Shift
Mark 1445 Hz 2125 Hz
Space 1275 Hz 1275 Hz

Der höheren Frequenz ist immer "Mark" zugeordnet.
Wird mit dem Transceiver "Teltow" gearbeitet, sollte man niedrigere Frequenzen für "Mark" und "Space" wählen, um das eingebaute CW-Filter nutzen zu können. Die NF-Durchlaßbreite des Filters liegt bei etwa 500 Hz bis 1100 Hz. Frequenzen von 750 Hz und 920 Hz sind für eine 170-Hz-Shift günstig. In der Sendeart SSB ist die Seitenbandlage zu beachten. Grundsätzlich wird für "Mark" immer die höhere Frequenz ausgesendet. Beim Betrieb im oberen Seitenband stimmen damit die Verhältnisse. Arbeitet der SSB-Sender im unteren Seitenband, müssen die Frequenzen für "Mark" und "Space" vertauscht werden (sogenannter Reversbetrieb). Das ist bei der Einstellung der Regler RP2 und RP3 zu beachten.

Inbetriebnahme

Beide Versorgungsspannungen sind anzuschließen. Der Eingang PB3 ist auf L zu legen. Am NF-Ausgang liegt ein Tonsignal. Frequenzmesser am NF-Ausgang oder am Pin 9 der IS V 40098 D anschließen. Mit P2 "Mark"-Frequenz einstellen. Danach PB2 zusätzlich auf L legen und mit P3 die "Space"-Frequenz entsprechend der Shift einstellen. Damit ist der Frequenzabgleich bereits abgeschlossen.
Der Schaltungszusatz ist nun mit dem Mikrocomputer zu verbinden. Auf der "Transceiver"-Seite schaltet man einen Kassettenrekorder an. Nach dem Programmstart wird die Betriebsart "Senden" gefahren. Der Rekorder zeichnet die ausgegebene Zeichenfolge auf. Zu Beginn ist für Abstimmzwecke lediglich ein längerer "Mark"-Ton zu senden. Danach gibt man einen Text aus. Dabei sollten alle Zeichenkombinationen einmal ausprobiert werden. Anschließend geht man auf "Empfang". Vom Rekorder wird jetzt die vorher aufgezeichnete Sendung über den NF-Eingang wieder eingespielt. Mit P1 stellt man die Schaltschwelle so ein, daß bei "Mark"-Empfang die LED aufleuchtet. Nun muß auf dem Bildschirm die vorher ausgegebene Zeichenfolge wieder erscheinen. Damit funktioniert die Schaltung!
Jetzt wird der Empfänger angeschaltet. Bei RTTY-Empfang stimmt man so auf die Empfangsfrequenz ab, daß wie vorher beim "Mark"-Ton die LED leuchtet. Empfangene "Space"-Signale schalten den Computereingang auf H. Die einlaufende serielle Bitfolge wird nun vom Programm dekodiert.

Aufbau

Für den Schaltungsaufbau genügt eine Universalleiterplatte. Sinnvoll ist es, für die beiden Schaltkreise Fassungen vorzusehen. Somit ist es möglich, auch verschiedenes IS (besonders vom Typ A 290 D) testen zu können. Exemplarabhängig sind mit der IS A 290 D Bandbreiten von 130 bis 80 Hz erreichbar. Sieht man mehrere umschaltbare Einstellregler für die "Space"-Frequenz vor, läßt sich durch Umschalten leicht eine andere Shift einstellen.
In einer späteren Variante wird eine erweiterte Schaltung in einer zweikanaligen Ausführung vorgestellt. Die Brücke zwischen B3 (CLK1) und B4 (ZC/T0) ist programmtechnisch erforderlich.

Software

Speziell für den "AC1" wurde eine komfortable Programmversion für 2-kByte-SRAM geschrieben, die im nachfolgenden Beitrag von Y21SO und Y27XO vorgestellt wird.

Literatur

[1] Henschel, S.: Telegrafiefilter mit PLL-Demodulator,
FUNKAMATEUR 34 (1985), H.12, S.601
[2] Information/Applikation Mikroelektronik, Heft 3.
A 290 D (Stereo-Dekoder-IS), KdT Frankfurt (Oder)
[3] Leidholdt, W.: Selektivrufeinrichtung mit der IS A 290 D,
FUNKAMATEUR 33 (1984), H.6, S.289
[4] Henning, K.: Amateurschaltkreise,
FUNKAMATEUR 33 (1984), H.6, S. 287
[5] Information/Applikation Mikroelektronik, Heft 12,
CMOS-Logik-IS, KdT Frankfurt (Oder)

95 KByte
Schaltung